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Im Fall der durch den Vergewaltigungsprozess von Avignon bekannt gewordenen Gisèle Pelicot wird es im Oktober ein Berufungsverfahren geben. Dieses solle vom 6. Oktober bis zum 21. November vor einem Schöffengericht im südfranzösischen Nîmes stattfinden, teilte das dortige Gericht am Dienstag mit. Bis zu 13 Männer sollen sich erneut wegen sexuellen Missbrauchs von Giséle Pelicot vor Gericht verantworten.
Ursprünglich waren 17 der 51 im Dezember in erster Instanz verurteilten Männer in die Berufung gegangen. Vier von ihnen haben es sich inzwischen anders überlegt. Bis zum Prozessbeginn kann sich die Zahl noch ändern.
Der zur Höchststrafe von 20 Jahren Haft verurteilte Hauptangeklagte Dominique Pelicot hatte auf eine Berufung verzichtet. Er stehe aber als Zeuge im Berufungsverfahren bereit, erklärte seine Anwältin Béatrice Zavarro.
"Mein Mandant steht den Richtern zur Verfügung, um zu bekräftigen, was er immer gesagt hat: dass sämtliche Angeklagten Bescheid wussten, dass er ihnen ein Angebot einer Vergewaltigung gemacht hat, und dass Gisèle Pelicot betäubt war", erklärte sie.
Dominique Pelicot hatte vor Gericht gestanden, seine frühere Ehefrau über zehn Jahre hinweg immer wieder mit Medikamenten betäubt und in Internetforen zur Vergewaltigung angeboten zu haben. Von diesen Akten hatte er zahlreiche Fotos und Videos gemacht, von denen einige vor Gericht gezeigt wurden. Am 19. Dezember hatten ihn die Richter der schweren Vergewaltigung für schuldig befunden.
Auch die 50 Mitangeklagten wurden allesamt schuldig gesprochen und zu Haftstrafen zwischen drei und 15 Jahren verurteilt. Viele der Männer hatten während des Prozesses erklärt, sie seien überzeugt gewesen, sich an einem Sexspiel eines freizügigen Paares beteiligt zu haben.
Gisèle Pelicots Anwalt hatte nach den Urteilen der ersten Instanz erklärt, seine Mandantin habe keine Angst vor einem neuen Prozess. Wenn es ihre Gesundheit zulasse, werde sie sich dem stellen, hatten der Anwalt Stéphane Babonneau betont.
Wegen ihres Muts und der großen Medienaufmerksamkeit für den Prozess im südfranzösischen Avignon ist Gisèle Pelicot zu einer internationalen Ikone für Frauenrechte geworden. Sie hatte sich für ein öffentliches Verfahren eingesetzt, "damit die Scham die Seite wechselt". Nach der Urteilsverkündung widmete sie ihren Kampf allen "unbekannten Opfern" sexualisierter Gewalt.
In der vergangenen Woche war Dominique Pelicot wegen zwei bislang ungelöster Fälle aus den 90er Jahren vor Gericht angehört worden. Dabei geht es jeweils um eine junge Immobilienmaklerin, die von einem Mann angegriffen wurde, der unter falschem Namen eine Wohnung besichtigen wollte.
Im Jahr 1999 kam es unter diesen Umständen zu einem Vergewaltigungsversuch einer 23-Jährigen im Großraum Paris. Pelicot bekannte sich dazu, nachdem er durch einen DNA-Test überführt worden war. Er bestritt jedoch, an der Vergewaltigung und Tötung einer ebenfalls 23-Jährigen 1991 in Paris beteiligt gewesen zu sein.
T.Ikeda--JT