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75 Jahre nach der Gründung des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA hat Israel die Zusammenarbeit mit der Organisation eingestellt. Die UNO kündigte ihrerseits am Donnerstag trotz des Inkrafttretens eines israelischen Verbots der UNRWA-Aktivitäten auf israelischem Territorium an, die Arbeit in den Palästinensergebieten fortzusetzen. Hilfsorganisationen warnten vor den Folgen von Israels Entscheidung, während 30 Abgeordnete des Europaparlaments die UNO aufforderten, die Arbeit von UNRWA einzustellen.
Wie AFP-Journalisten berichteten, räumten Mitarbeiter von UNRWA die Büros des Palästinenserhilfswerks in Ost-Jerusalem.
Das israelische Parlament hatte das UNRWA-Verbot im Oktober verabschiedet. Die Abgeordneten begründeten es mit den Vorwürfen gegenüber UNRWA-Mitarbeitern, diese hätten Verbindungen zur islamistischen Palästinenserorganisation Hamas. Neben der Einstellung der Arbeit der UNRWA auf israelischem Gebiet hatte Israel angekündigt, jeglichen "direkten und indirekten Kontakt" mit der Hilfsorganisation abzubrechen.
Die UNO gab unterdessen bekannt, die Arbeit in allen Palästinensergebieten ungeachtet des Verbots fortzuführen. "UNRWA-Kliniken im gesamten besetzten Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, sind geöffnet", sagte Stéphane Dujarric, der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, in New York und fügte an: "Unterdessen werden die humanitären Einsätze im Gazastreifen fortgesetzt, ebenso wie die Arbeit der UNRWA dort."
Die UNRWA werde "ihr Mandat weiterhin erfüllen, wie (ihr Leiter Philippe) Lazzarini sehr deutlich gesagt hat, bis sie es nicht mehr kann", fügte Dujarric an.
Mehrere Staaten äußerten heftige Kritik an Israel wegen des nun in Kraft getretenen UNRWA-Verbots. Die Türkei - deren Verhältnis zu Israel sich seit dem vom Hamas-Großangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelösten Gaza-Krieg massiv verschlechtert hat - kritisierte das israelische Vorgehen als "eklatante Völkerrechtsverletzung" und warf Israel vor, damit dazu beitragen zu wollen, "Palästinenser mit Gewalt von ihrem Land zu vertreiben".
Norwegen kündigte unterdessen Hilfszahlungen an das UNRWA in Höhe von 275 Millionen Kronen (23,4 Millionen Euro) an. Der Gazastreifen "liegt in Ruinen und die Hilfe der UNRWA ist nötiger denn je", erklärte der norwegische Außenminister Espen Barth Eide. Norwegen erkennt seit Mai 2024 ebenso wie die EU-Länder Spanien und Irland einen eigenständigen palästinensischen Staat an.
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen erklärte, UNRWA-Aktivitäten im Westjordanland und im Gazastreifen würden "stark beeinträchtigt", was "verheerende Folgen" für die Palästinenser und deren Zugang zur Gesundheitsversorgung habe. Keine andere Organisation könne die Gesundheitsversorgung der UNRWA im Westjordanland und Gazastreifen ersetzen.
Am Mittwochabend hatte der Oberste Gerichtshof in Israel eine von der palästinensischen Menschenrechtsorganisation Adalah vorgebrachte Klage zur Aussetzung des Verbots abgewiesen. Das Gesetz verbanne die UNRWA nur "vom souveränen Territorium des Staates Israel", verbiete aber nicht deren Tätigkeiten im Westjordanland und im Gazastreifen, hieß es in der Begründung des Gerichts.
30 Abgeordnete des Europaparlaments riefen UN-Generalsekretär Guterres unterdessen dazu auf, die Arbeit der UNRWA einzustellen, da diese der Hamas laut Medienberichten dabei geholfen habe, israelische Geiseln zu verstecken. "Die Presse hat die internationale Gemeinschaft darauf aufmerksam gemacht, dass die Geiseln in den Büros der UNRWA versteckt wurden, eine Organisation, für die Sie die Verantwortung haben", heißt es in dem auf Montag datierten Brief, den AFP am Donnerstag einsehen konnte.
Dies weise darauf hin, dass das Palästinenserhilfswerk "einer terroristischen Organisation hilft (...), was politisch, moralisch und juristisch höchst verwerflich ist", schrieben die Abgeordneten weiter. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner gehören hauptsächlich der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) sowie den Rechtsaußenfraktionen Patrioten für Europa (PfE) und den Europäischen Konservativen und Reformern (EKR) an.
Israel beschuldigt die UNRWA seit Langem, Verbindungen zur Hamas zu haben. "Humanitäre Hilfe ist nicht gleich UNRWA und UNRWA ist nicht gleich humanitäre Hilfe", erklärte der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Oren Marmorstein, im Onlinedienst X. UNRWA sei "verseucht von terroristischen Aktivitäten der Hamas".
Die israelische Regierung hatte im Januar 2024 rund ein Dutzend UNRWA-Mitarbeiter beschuldigt, an dem Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen zu sein. Anschließend wurden Vorwürfe gegen sieben weitere Mitarbeiter erhoben. Eine interne UN-Untersuchung hatte im August ergeben, dass neun Mitarbeiter verdächtig seien.
Das Palästinenserhilfswerk wurde 1949 gegründet, um den im Krieg nach der Staatsgründung Israels vertriebenen Palästinensern zu helfen. Die Organisation ist im ganzen Nahen Osten aktiv, vor allem in den palästinensischen Flüchtlingslagern, und bietet unter anderem Bildung und Gesundheitsversorgung an. Sie versorgt hunderttausende Menschen.
K.Okada--JT